Wenn deine (verbale) Kommunikationsfähigkeit gestört ist, nutze eine andere

Wenn die äußere körperliche Stimme beeinträchtigt ist, lass deine innere Stimme sprechen!
Ich habe selbst in meinem Leben erfahren dürfen, wie wichtig das ist und dass wir alle darauf achten sollten. Meine verbale Kommunikation ist gestört und es braucht ein (kreatives) Leben, um mich nicht nur auf diese Störung zu reduzieren.

Stottern ist für Betroffene wie mich wie ein Eisberg. Du hast die äußeren Störungen des Redeflusses wie rasche Wiederholungen von Lauten, Silben oder Wörtern, Verlängerungen von Lauten, stumme oder hörbare Blockaden oder wiederholte zwischengeschobene Laute. (Quelle: Wikipedia) Doch der viel größere Teil des Einflusses dieser Störung, ist für andere meistens nicht sichtbar. Angst, Stress, Frustration, Mobbing, Scham und ein geringes Selbstwertgefühl beeinflussen unser Leben und nehmen uns nicht nur die Lebensqualität. Die Sprache ist wohl eine der größten Errungenschaften der Menschheit. Das steht außer Frage. Aber was ist mit denen, die gar nicht so sprechen können, wie sie gerne würden? Es gibt genügend Menschen mit Einschränkungen und Behinderungen, denen es sogar verwehrt ist, ganze Sätze zu formulieren, geschweige denn sie auszusprechen. Heutzutage gibt es sehr viele Lösungen und alternative Wege, um kommunizieren zu können. Sei es durch technische Hilfen oder Gebärdensprache. Ich als kreativer Mensch suche und finde Ausdruck in anderen Fähigkeiten, die mir das Universum zur Verfügung gestellt hat. Malen, Zeichnen und Schreiben sind meine Formen der Kommunikation. Aber es gibt noch viel mehr: Musizieren, Singen, Theaterspielen, Tanzen, Fotografieren, Filmemachen, Handwerken usw. - für jeden ist etwas dabei. Und ich bin der Meinung, dass es für Menschen mit Einschränkungen und/oder Behinderung eine immense Bereicherung sein kann. Anhand meiner Geschichte möchte ich dir gerne aufzeigen, was ich genau meine.

Sei achtsam und konzentriere dich auf die Bereiche, in denen du stark bist

Seit ich denken kann ist Stottern ein Teil meines Lebens. Je älter ich werde, umso bewusster wird mir diese Besonderheit. Die Ursachen des Stotterns sind nicht klar benennbar, auch heilbar ist es vor allem für Erwachsene nicht. Wenn man also mit der Pubertät das Stottern nicht ablegt, muss man damit sein Leben lang zurechtkommen. Dabei macht es uns die Gesellschaft oft schwerer als leichter, was aber weniger aus Mutwilligkeit, als aus Unwissenheit resultiert. Als Kind im Unterricht die Hand zu heben und keinen ordentlichen Satz herauszubekommen, ist schrecklich, vor allem wenn der Kopf leicht mit wippt, um die Worte herauszupressen und die Klassenkameraden es nachmachen. Ich besuchte eine Grundschule, die sich auf Sprachheilung spezialisiert hatte und es wurde auch besser. Weg ging es aber nie. Aber dann in die weite ungeschönte Welt entlassen zu werden, war schwierig. Ich meldete mich nur selten, bekam Schweißausbrüche, wann immer ich einen Text vorlesen musste und versuchte so gut es ging Vorträge zu vermeiden und mich hinter die Kulissen zu schummeln. Das stieß natürlich auf Unverständnis und Missgunst bei meinen Mitmenschen. Gerade bei fremden Sprachen war es noch komplizierter. Wenn ich schon deutsche Worte regelmäßig nicht über die Lippen bekam, wie ist es dann bei Englisch oder Französisch. Dabei geht es nicht darum, dass ich die Theorie nicht verstehe - es ist vielmehr wie ein Telefongespräch bei schlechtem Empfang. Wenn etwas die Leitung stört, kommt kein Ton an. In diesem Fall eben raus. Mein Stottern (ich habe es geerbt) äußert sich eher im Stocken, das sogenannte Poltern. Schnelles Sprechen und dann falsches Atmen - du kannst dir vorstellen wie das endet. Dann ersetze ich das Stocken mit irgendwelchen Füllwörtern wie: “Na Mensch, nun ist die Luft weg” oder “3, 2, 1…” Wenn wir es alle mit sensiblem Humor nehmen würden, wäre vieles einfacher.

Je älter ich wurden, umso mehr löste es sich zwar in Wohlgefallen auf und ich lernte damit zu leben, aber gerade wenn ich nervös, spontan, hektisch und ängstlich bin, kommt das Stottern hervor, als will es mir etwas sagen. Vielleicht ist es nur eine weitere Art des Universums mir zu zeigen, dass ich meinen Geist und mein Herz weiter öffnen soll, achtsam und bewusst nach anderen Dingen Ausschau halten soll, die mich ausfüllen und mir Lebensqualität geben. Man geht nämlich automatisch in eine Vermeidungshaltung und das beeinflusst das Leben teils enorm. Ich hasse es zum Beispiel zu telefonieren. Mir hilft es meinen Gesprächspartner zu sehen und genau zu wissen was ich sagen will - die Worte schon in meinem Kopf einmal durchgesprochen zu haben. Langsamer und bewusster zu sprechen hilft auch, nur habe ich vor allem am Telefon das Gefühl, dass die Leute keine Zeit und Geduld haben, um mir zuzuhören. Also rassle ich alles herunter und verhasple mich dann. Ich vermeide intensiven Blickkontakt, weil ich dann immer das Gefühl habe, angreifbarer zu sein. Was ich absolut nicht ausstehen kann, ist, wenn die Menschen meine Sätze beenden. Das ist lieb gemeint, aber bewirkt das Gegenteil. Ich fühle mich schlecht, gehetzt und unter Druck gesetzt. Unzulänglich…

Ich mag mich auch nicht selbst reden hören, deswegen fallen Ausdrucksformen wie Podcast oder Video für mich raus. Ich will mir nicht noch zusätzlichen Stress machen. Singen wiederum geht. Flüstern, Singen und Selbstgespräche führen, können alle Menschen flüssig. Deswegen war ich in Musik immer sehr gut. Ich singe tatsächlich gerne, auch bei Karaoke vor anderen Menschen. Und da sind wir schon beim Thema. Kreative Dinge. Sobald ich es konnte, habe ich in der Schule Naturwissenschaftliche Fächer abgewählt und mich stattdessen in Kunst und Musik gestürzt. Auch geschrieben habe ich schon immer. Ich habe Kunstkurse besucht, über zehn Jahre Keyboard gespielt und kleine Geschichten geschrieben. Das Kreativsein hat nie aufgehört, es hat sich nur mit der Zeit mit mir zusammen entwickelt.

Wo das verbale “Können” fehlt, gibt es viele andere Talente

Genau das möchte ich für dich sensibilisieren. Bist du selbst betroffen, oder kennst du jemanden in deinen Umfeld, dann möchte ich hiermit versuchen den Blick auf diese lästige Störung zu verändern und vorschlagen, diesen einmal davon abzuwenden und zu schauen, was es noch so für Fähigkeiten gibt. Mich mit den Dingen zu beschäftigen, die mich glücklich machen und in denen ich mich ausdrücken kann, hat mein Leben schon immer bereichert. Kunst verbindet, sagt man doch. Kreative Seelen finden sich, wenn sie nur ihren Leidenschaften nachgehen. Viele meiner engsten Freunde habe ich durchs Schreiben oder Zeichnen kennengelernt und diese Freundschaften bestehen bis heute. Ich bin nicht der Typ, der auf Menschen zugeht. Ich bin offen und empathisch, aber in diesem Sinne nickt kontaktfreudig, eher zurückhaltend. Für manche ein Widerspruch in sich. Aber dazu in einem anderen Beitrag mehr. Freunde zeichnen sich sowieso durch Qualität und nicht durch Quantität aus. Es ist wichtig sich mit anderen Menschen zu verbinden und auszutauschen. Wenn es verbal schwierig ist, dann durch eine andere Form. So wie ich schreibe, könnte ich niemals spontan sprechen. Mittlerweile versuche ich mich immer häufiger aus meiner Vermeidungshaltung zu wagen, gehe offen mit dem Stottern um und lese zum Beispiel bei unseren online Schreibrunden meine Texte freiwillig vor. Natürlich bin ich auch da aufgeregt und verhasple mich manchmal, aber dann nehme ich es mit Humor, quassle irgendeinen Unsinn dazwischen und dann ist wieder gut. Der Schauspieler Samuel L. Jackson hat noch einen wunderbaren Geheimtipp gegen das Stottern: Er flucht! Das kann ich mir auch gut vorstellen. Auch eine Art von Humor. Auch Prominente wie Bruce Willis, Emily Blunt, Rowan Atkinson, Marilyn Monroe sowie Ed Sheeren hatten oder haben mit dem Stottern zu kämpfen. Jeder hat für sich eine kreative Art gefunden sich auszudrücken. Theater und Sprechtraining sollen gut helfen, Singen können alle. Nur weil wir nicht gut reden können, bedeutet das nicht, dass wir nichts zu sagen haben. Wir haben Meinungen, Wünsche, Ansichten und Träume und statt sie unseren Mitmenschen mit Worten ins Gesicht zu pfeffern, haben wir eine viel schönere Methode. Wir verpacken sie ansprechend.

Ein kreatives Leben ist lohnenswert für ALLE Menschen, aber vor allem für uns unsichere, introvertierte und eingeschränkte Seelen, kann Kreativität zum Stärken der inneren Stimme beitragen. Unser inneres Universum ist so facettenreich, dass wir uns nur aufmachen müssen, es zu entdecken. Bist du schon auf Wanderschaft? Sehr gut. Halte durch! Es warten noch spannende Dinge auf dich. Hängst du in deinem Leben fest und bist unglücklich im Job oder mit dir selbst? Wenn du einen guten Startpunkt suchst, habe ich hier ein paar Fragen, die du dir stellen kannst.

  1. Was macht mich unglücklich? Hindern mich eine Beeinträchtigung oder andere Menschen daran meine Träume anzugehen?

  2. Wie gehen ich und meine Mitmenschen damit um?

  3. Gibt es etwas, das ich damit kompensieren kann?

  4. Ist es mir möglich mich anderweitig auszudrücken? Wo liegen meine Talente und Stärken?

Du musst nicht gleich als Chormitglied auf eine Bühne, in eine Tanzschule gehen oder deine Bilder auf Märkte verkaufen. Fange klein an. Mache es erst einmal für dich oder nimm Einzelstunden, sofern möglich. Als ich damals angefangen habe Keyboardunterricht zu nehmen, war das natürlich Neuland für mich und als nicht einmal Teenie sehr aufregend. Aber meine Lehrerin (eine sympathische mit Akzent sprechende Russin) hat einen Satz gesagt, der das einzig Richtige in dieser Situation war: “Du hast Probleme mit der Sprache? Ich auch. Wir helfen uns gegenseitig.” Das hat mir damals die Angst genommen. Wenn du dich in deiner kreativen Haut wohlfühlst, dann denke über einen Blog nach, oder daran an einem Schreibkurs teilzunehmen. Erstelle ein Portfolio deiner gemalten Werke oder du gehst nun wirklich in einen Chor oder in eine Tanzschule. Du wirst nicht nur Anschluss finden, sondern auch deine innere Stimme - Sprachrohr in dieser Gesellschaft.

Deine innere Stimme zählt

Während ich diesen ersten und mir wichtigen Blogbeitrag geschrieben habe, fiel mir ein Gespräch mit meinem QiGong Lehrer während einer Feedback-Runde zum Kurs ein. Es ging um Kreativität und das Schreiben (Dialog sinngemäß wiedergegeben):

“Hast du was gemerkt?”
Ich: “Nein was denn?”
“Du hast gerade fehlerfrei gesprochen. Und weißt du wieso?”
Ich: habe wohl irritiert geschaut.
“Das waren Worte, die aus deinem Herzen kamen und nicht aus deinem Kopf. Du hast über Dinge gesprochen, die dir etwas bedeuten und die dich bewegen, wo deine Leidenschaft drin steckt.”

Meine innere Stimme…

Eigentlich gibt es dazu nicht mehr viel zu sagen, außer willkommen zwischen Farben und Worten, der Welt, in der ich Zuhause bin. Auf dieser Seite möchte ich dich mit auf eine kreative Reise nehmen, dich inspirieren, motivieren und Dinge aufzeigen, wie deine innere Stimme durch ein kreatives Leben den Weg nach Außen finden kann. Ein kleiner Rückzugsort für alle die sich anders und missverstanden fühlen.

Wir sind nämlich viel mehr, als nur ein gestörter Redefluss, Macken oder andere Beeinträchtigungen.
Lass uns gemeinsam anders sein und die Welt ein wenig bunter machen!

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Der kreative innere Kompass