Intuitives Schreiben einer Fantasy Trilogie
Inspiration und Erfahrungen für den Prozess des freien Schreibens. Über Herausforderungen und den Kampf mit den eigenen Ansprüchen.
Ein Buch schreiben, bedeutet in ein anderes Leben zu schlüpfen
Ich kann nicht mehr genau sagen, wann ich angefangen habe, die Geschichte “Fuchsfeuer” (Contemporary Fantasy Trilogie) zu schreiben… oder eher zu brainstormen. Ich glaube 2023. Heute (2025) arbeite ich am vierten Entwurf des ersten Bandes während ich den ersten Entwurf des zweiten schreibe. Wichtige Elemente, ebenso das finale Ende von Band 3, fungieren als Pfeiler und kleine Anhaltspunkt, aber ansonsten ist nichts geplant. Es ist ein hin und her, ein vor und zurück. Ein Anpassen und Neuentdecken.
Und warum? Ich bin ein Pantser. Das bedeutet, ich habe keinen genauen Plan, sondern schreibe aus dem Bauch heraus. Auch wenn ich versuche zu plotten, funktioniert es einfach nicht. Irgendwann stecke ich fest, weil mir auf Zwang und durch den Druck etwas vorher festzulegen, die Ideen ausgehen. Ich orientiere mich zwar am Aufbau an der 3-Akt- Struktur, aber ich kann nicht für jeden Schritt einen Plot festlegen. Egal wie sehr ich es will, es geht nicht. Und das hat - für mich - mit meiner Persönlichkeit und meiner kognitiven Wahrnehmung zu tun.
Ich schreibe intuitiv, denn das fühlt sich für mich natürlich an. Die Geschichte und die Charaktere wachsen mit mir. Zudem ist eine Trilogie ein Marathon und kein Sprint. Das ist das Erste, was mir bewusst wurde. Meine Sailor Moon Trilogie habe ich auch über drei Jahre geschrieben und da hatte ich auch keinen genauen Plot. Am Ende fügte sich aber alles zu einer runden Geschichte zusammen.
Es ist für mich ein bisschen wie das echte Leben. Da weiß ich auch nur bedingt, was in der Zukunft passieren wird. Ich kann mir zwar tausend Sachen ausmalen, aber ob es am Ende auch in meine Geschichte passt, ist fraglich. Das weiß ich erst, wenn ich an dem Punkt angekommen bin.
Genauso fühlen sich meine Geschichten an… wie das Leben meiner Charaktere. Und das kann ich weder haarklein durchplanen noch kurzfassen. Band 1 hat aktuell über 600 DIN A4 Seiten. Auf Normseiten umgerechnet, müssten das so zwischen 700 und 800 Seiten sein. Das ist viel. Definitiv etwas für ausdauernde Leser. Viel zu oft habe ich mir über den Umfang den Kopf zerbrochen. “Wer soll das Lesen…” oder “So ein Erstlingswerk nimmt doch kein Verlag…”
Kenne deine Zielgruppe
Doch alles Kopfzerbrechen hilft nichts. Das ist erst einmal so. Ansonsten bremse ich mich selbst aus, stecke ich mich in ein Korsett, was mir nicht passt. Und hier kommt nun meine Zielgruppe ins Spiel.
Ein Beispiel: Ende letzten Jahres habe ich das Buch BEWATER – Ohne Tun ist alles Können nichts (Chris Dorn, Shi Yan Lu) angefangen. Für mich ist das ein Buch, das ich nicht einfach mal so nebenbei lesen kann. Ich kann es zumindest nicht einfach so herunterlesen. Es ist auch so aufgebaut, dass du innehalten kannst, um die Themen wirken zu lassen. Ich lese es, wenn ich mich dazu bereit fühle, wenn ich Energie habe, um mich auch intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.
So intensiv gestalte ich meinen Roman “Fuchsfeuer” nicht, aber im Grundprinzip spreche ich solch eine Zielgruppe an. Es wird eher für Leser sein, die sich wirklich Zeit nehmen, bewusst Lesen. Mein Ziel ist nicht, mein Buch auf BookTok zu sehen und was es da alles gibt. Ich kann mit diesen flüchtigen Reizen dieser Clips nichts anfangen. Ich wünsche mir, dass meine Geschichte die richtigen Menschen findet und ihr Leben bereichert. Da ist es mir egal, wie viele das am Ende sein werden.
Ich möchte nicht vom Schreiben leben müssen, denn das ist mein Safe Place und auch Elizabeth Gilbert sagte in ihrem Buch “Big Magic”, dass sie von ihrem Schreiben niemals verlangt hat, die Brötchen verdienen zu müssen. Kreativität funktioniert nur ohne Druck und Fesseln.
Exkurs: Kognitive Funktionen
Jeder Mensch hat kognitive Funktionen. Das sind geistige Fähigkeiten, die helfen, die Umwelt wahrzunehmen und zu verstehen. Im Laufe des Lebens entwickelt jeder Mensch eine Persönlichkeit und damit auch Präferenzen in den kognitiven Funktionen. Sie beschreiben die Art und Weise, wie Informationen verarbeitet und Entscheidungen getroffen werden. Denken und Fühlen dienen der Entscheidungsfindung, Intuition und Wahrnehmung der Informationsverarbeitung. Jeder Mensch hat schwächer ausgeprägte Funktionen, auf der anderen Seite aber auch geistige Fähigkeiten, die so ziemlich auf Autopilot laufen.
Als INFJ (MBTI) ist meine stärkste kognitive Funktion introvertierte Intuition (Ni). Das fühlt sich manchmal so an, als existiert ein mystisches Orakel in meinem Kontrollzentrum (Gehirn). Ni versorgt mich mit Informationen, die meistens als mentale Bilder und allgemeine Eindrücke auftreten. Das läuft also alles sehr abstrakt ab und darin liegt meine Stärke.
Deswegen fällt mir alles, was mit realistischen Dingen, Planen und Fakten zu tun hat, echt schwer. Meine extrovertierte Wahrnehmung (Se) ist meine schwächste kognitive Funktion zusammen mit meinem introvertierten Denken (Ti).
Ein Beispiel: Meine Versicherungen sind weit gefächert und bei der einen hat der Betreuer gewechselt. Er stellte sich vor und fragte, ob er über meine aktuellen Versicherungen drüberschauen soll. Hab zugestimmt. Eine zweite Meinung schadet nie. Das war auch ein sehr erkenntnisreiches Gespräch. Aber nach zwei Stunden war ich fix und fertig. All diese weltlichen, notwendigen Dinge (Bürokram, Ämter, große Veranstaltungen usw.) rauben mir sehr viel Energie. Das ist keine Einbildung, das spüre ich körperlich. Oftmals als Verspannungen im Rücken.
Se und Ti sind bei mir quasi dazu da, alle meine Visionen und Ziele irgendwie umzusetzen. Das Verarbeitungsteam. Und da liegt das Problem. Mir Dinge auszumalen, oder das Große Ganze zu verstehen, ist die eine Sache. Meine Vorstellungen aber auch umzusetzen oder zu kommunizieren, die andere.
Was hat das nun mit dem Schreiben zu tun?
Genau diese kognitiven Funktionen sind der Grund, warum ich keine Geschichte vorplanen kann. Das Planen hat sehr viel mit Logik und Berechenbarkeit zu tun und das ist das Gebiet von Ti und Se. Es ist nicht so, dass ich das nicht kann, aber es fällt mir schwer, raubt mir Energie und irgendwann wirds langweilig.
Mit meiner Intuition entdecke ich nicht nur mich und das Leben, sondern auch all die Ideen in meinem Kopf. All das ist nicht von Anfang an da, sondern es entsteht im Prozess. Viele Dinge in meinem Plots ergeben sich erst beim Schreiben, weil ich ebenso wie die Geschichte wachse. Es ist eine Art Parallele. Das, was in meinem Leben passiert, wirkt sich auch auf mein Schreiben aus.
Ich schreibe schon immer so und lasse mich auch nicht mehr verunsichern, weil ich nicht so arbeite wie andere Autoren. Stress adé. Wenn meine Trilogie fertig ist, ist sie fertig. Und das dauert noch.
Ich werde auch einen Teufel tun und den ersten Band vorher veröffentlichen. Denn weil ich intuitiv schreibe, ergeben sich relevante Dinge für Band eins erst noch in den späteren Bänden. Ich bin zum Beispiel noch mit dem Grund unzufrieden, warum der Quell der Geschichten (magischer Ort in Fuchsfeuer) beschützt werden muss. Auch wenn mich das manchmal nervt, dass es mir selbst noch nicht ganz schlüssig ist, weiß ich, dass es am Ende Sinn machen wird. Der Geistesblitz erwartet mich in der Zukunft, wenn ich soweit bin.
Und bisher sind all meine Geschichten auf diese Art gewachsen.
Das ist intuitives Schreiben für mich.
Möglichst den Druck gering halten.
Dem Gefühl und inneren Impulsen folgen.
Mir selbst und der Kreativität vertrauen.